Zunächst mit deutlichen Worten. Der "Angriff" sei
"abscheulich", "nicht zu rechtfertigen" und eine "Schande", sagte der
britische Premierminister David Cameron. Auch US-Präsident Barack Obama
erhob Vorwürfe gegen Teheran: "Dass Randalierer einfach die Botschaft
stürmen und in Brand setzen können, ist ein Zeichen, dass die iranische
Regierung ihre internationalen Verpflichtungen nicht ernst nimmt", sagte
er. Bundesaußenminister Guido Westerwelle bestellte den iranischen
Botschafter ein. "Diese Erstürmung ist völkerrechtswidrig, sie ist in
keiner Weise akzeptabel", sagte der FDP-Politiker. Auch die EU und der
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilten den Angriff auf
die Botschaft.
Eskalation in Teheran Wütender Mob verwüstet Botschaft
Es folgten diplomatische Maßnahmen: Das britische Außenministerium kündigte an, "einige Mitarbeiter" der Botschaft würden heimkehren. Die Sicherheit der Angestellten und ihrer Familien habe Priorität. Die BBC hatte zuvor unter Berufung auf Kreise berichtet, alle britischen Diplomaten würden Iran verlassen. Der Nachrichtenagentur AFP zufolge sind bereits am Mittwochvormittag erste Diplomaten nach Dubai ausgeflogen worden.
Norwegen kündigte an, seine Botschaft in Teheran zu schließen. Als Begründung gab die Regierung in Oslo Sicherheitsbedenken an. Eine Sprecherin des Außenministeriums sagte jedoch, die norwegischen Diplomaten würden nicht sofort ausgeflogen.
Der nächste Schritt dürfte der Ruf nach noch härteren Sanktionen sein. Bereits nach dem Bericht der IAEA zum Atomprogramm hatte Westerwelle ein Ölimportembargo der europäischen Staaten gegenüber Iran gefordert. EU-Diplomaten wiesen am Mittwoch jedoch darauf hin, dass eine Reihe von EU-Mitgliedern einen erheblichen Teil ihres Öls aus Iran beziehe und deshalb vor diesem Schritt zurückschrecken. Auch ein Verbot von Geschäften mit der iranischen Zentralbank sei noch sehr umstritten.
Beschlossen wird am Donnerstag eine Ausweitung der Zahl der iranischen Firmen und Organisationen, die keine Geschäfte mehr in der EU machen dürfen, um 143 auf jetzt insgesamt 433. Zugleich steigt die Zahl von Iranern mit EU-Einreiseverboten um 37 auf 113.
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Philipp Mißfelder, sagte am Dienstag angesichts der Erstürmung der Botschaft: "Der Weg der härteren Sanktionen muss fortgeführt werden."
Steckt die iranische Regierung dahinter?
Das ist nicht ausgeschlossen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Regierung die gewaltsamen Ausschreitungen zumindest begünstigt hat. Zwar ging die Polizei iranischen Berichten zufolge mit Tränengas gegen die Angreifer vor. Der stellvertretende iranische Polizeichef verkündete am Mittwoch, es seien "Maßnahmen getroffen worden, um alle an dem Angriff beteiligten Demonstranten festzunehmen". Ausländische Medien berichten jedoch, die Polizei habe erst spät eingegriffen und sei dann auch nur halbherzig gegen die Angreifer vorgegangen.
Dabei hätten die Sicherheitskräfte gewarnt sein müssen: Wie der Londoner Guardian unter Berufung auf die iranische Nachrichtenagentur Borna berichtet, hatte es am Samstag in einer Debatte im Parlament in Teheran entsprechende Ankündigungen gegeben. "Wir müssen die britische Botschaft abriegeln und sie so lange ignorieren, bis sie auf Knien betteln kommen", sagte demnach ein Parlamentsmitglied. Ein anderer Politiker habe die Botschaft als "Schlupfwinkel für Spione" bezeichnet. Der Sprecher des Parlaments soll gesagt haben, die Zurückstufung der diplomatischen Beziehungen zu Großbritannien stehe "am Anfang des Weges."
Unter den vermeintlichen "Studenten", die für die Attacke auf die Botschaft verantwortlich gemacht werden, sollen zudem Angehörige paramilitärischer Brigaden gesichtet worden sein. "Es war womöglich keine von der Regierung gebilligte Aktion", schreibt der Guardian in einem Kommentar. "Aber eine, die von drei konservativen Institutionen gestützt wurde: Parlament, Judikative und Staatsoberhaupt Ajatollah Chamenei."
Das Regime in Teheran reagiert offenbar zunehmend gereizt auf die Offensive des Westens gegen das iranische Atomprogramm. Vor allem Israel fühlt sich bedroht und bereitet womöglich einen Militärschlag gegen die iranischen Nuklearanlagen vor. Entsprechendes Säbelrasseln ist seit Wochen aus Jerusalem zu hören. Am Dienstag warnte der frühere Chef des Auslands-Geheimdienstes Mossad, Meir Dagan, erneut vor einem Krieg.
Das iranische Staatsfernsehen berichtete am Sonntag, die Marine habe drei neue U-Boote vom Typ Ghadir in Dienst gestellt, die Raketen und Torpedos abfeuern könnten. In der Vergangenheit hatte Teheran wiederholt mit Raketen gedroht, die Israel erreichen könnten.
Warum richtet sich die Wut gerade gegen die britische Botschaft?
Zwar haben auch andere Staaten Sanktionen gegen Iran gefordert und eingeführt. Doch die Entscheidung der Briten, alle iranischen Geldgeschäfte auf dem Finanzmarkt London zu unterbinden, soll Teheran empfindlich getroffen haben.
Zudem blicken beide Nationen auf eine lange Geschichte angespannter diplomatischer Beziehungen zurück. Sie reicht zurück bis in die 1920er Jahre, als das Vereinigte Königreich den persischen Herrscher Reza Schah Pahlavi und dessen Orientierung nach Westen unterstützte - zum Teil gegen den Willen des Volkes.
1953 waren Briten und Amerikaner am Sturz des demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Mohammed Mossadegh beteiligt. Der hatte die Verstaatlichung eines florierenden britischen Ölkonzerns angestrebt, um die Macht der Ausländer zu beschränken und dem Armut leidenden Volk zu mehr Wohlstand zu verhelfen.
Die Amerikaner verhalfen dem Schah-Regime zurück zur Macht und begünstigten so ungewollt die islamische Revolution von 1979 sowie die Machtübernahme Ajatollah Chomeinis. Die britische Botschaft in Teheran wurde geschlossen und erst 1988 wiedereröffnet. Als Irans religiöse Führung 1989 per Fatwa ein Todesurteil gegen den indisch-britischen Autoren Salman Rushdie ("Die satanischen Verse") erließ, wurden die bilateralen Beziehungen erneut eingestellt.
Im September 2001 entspannte sich das politische Klima und Außenminister Jack Straw besuchte Teheran - als erster britischer Außenminister seit der Islamischen Revolution. 2004 wurden jedoch zunächst acht britische Segler wegen Spionageverdacht in Iran festgehalten, weil sie die Seegrenze verletzt haben sollen. Ähnlich erging es 15 britischen Marinesoldaten, die 2007 bei einer Grenzkontrolle festgenommen wurden. In beiden Fällen gab es diplomatische Verwerfungen zwischen London und Teheran.
Einen Tiefpunkt erreichten die Beziehungen im Juni 2009 nach Massenprotesten gegen die Wiederwahl des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Die religiöse Führung Irans bezichtigte europäische Länder, hinter der "Grünen Revolution" zu stecken. "Arrogante Mächte" hätten den Protest angestachelt und die "böseste dieser Mächte" sei Großbritannien. Auch die Berichterstattung der persischen Ausgabe des britischen TV- und Radiosenders BBC wurde heftig kritisiert.
Die Fotos von der verwüsteten britischen Botschaft rufen Bilder aus dem Jahr 1979 in Erinnerung: Vor 32 Jahren hatten 300 Anhänger des iranischen Revolutionsführers Ajatollah Khomeini die US-Botschaft in Teheran gestürmt und 66 Amerikaner als Geiseln genommen. 14 von ihnen ließ die Gruppe später frei, 52 hielt sie 444 Tage gefangen. Das Regime duldete und rechtfertigte die Aktion, die zum Abbruch der Beziehungen zwischen Teheran und Washington führte.
Doch tatsächlich kommt es auch in anderen Ländern immer wieder zu Übergriffen auf ausländische Vertretungen. Ein paar Beispiele: Zuletzt hatten im September 2011 ägyptische Demonstranten die israelische Botschaft in Kairo gestürmt, um gegen die Militärregierung zu protestieren, die am Friedensvertrag mit Israel festhält. Im Juli 2011 hatten in der syrischen Hauptstadt Damaskus Anhänger des Präsidenten Assad die amerikanische Botschaft angegriffen. US-Marines wehrten die Attacke ab.
Völkerrechtlich sind Staaten dazu verpflichtet, die Botschaften anderer Nationen auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschützen - auch im Falle eins bewaffneten Konflikts. Die "konsularischen Räumlichkeiten, das Vermögen der konsularischen Vertretung und die konsularischen Archive" seien "zu achten und zu schützen", heißt es in Artikel 27 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK). Der entsprechende Vertrag wurde im Jahr 1963 geschlossen, er trat vier Jahre später in Kraft.
Mit Material von dpa, dapd und AFP