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Ostdeutschland: Edelhotels werden zu Millionengräbern für Anleger
Sie gehören zu den schönsten restaurierten Gebäuden in Ostdeutschland, sie gelten als Aushängeschilder des wiedererstarkten Bürgertums, als Speerspitzen der Freizeit- und Erholungsindustrie. Doch ausgerechnet einige der repräsentativsten Hotels in Ostdeutschland sind in finanzieller Schieflage. Die Anleger des Berliner Nobelhotels „Adlon“ gehen auf die Barrikaden, die Fondszeichner für das Ostseebad Heiligendamm sollen Millionen nachzahlen, und den Geldgebern für das Ferienresort Fleesensee in Mecklenburg-Vorpommern droht sogar der Totalverlust ihrer oft fünfstelligen Einlagen.
Die Häuser sind luxuriös, doch aus den verschiedensten Gründen kommen nicht genügend zahlungskräftige Gäste. In der allgemeinen Euphorie nach der Wiedervereinigung Deutschlands war diese Entwicklung schwer vorauszusagen. Auch deshalb haben sich viele Projektentwickler verrechnet. Hier stimmt das Preis-Leistungsverhältnis: Die zehn Gesamtsieger von „Expedia Insiders’ Select 2011" Rang 10: Sofitel New York, Manhattan (New York)/ USA 9. Platz: Hotel Teatro, Denver (Colorado)/ USA Nummer 8: K&K Hotel Central, Prag/ Tschechische Republik 7. Les Terres M Barka, Marrakesch/ Marokko 6. The Nines, Portland (Oregon)/ USA 5. Hotel Monterey Kyoto, Japan 4. Hotel Berchielli, Florenz/ Italien Auf dem 3. Platz: Hotel Antiche Figure, Venedig/ Italien
Das Drei Sterne Hotel Antiche Figure ist in einem Gebäude aus dem 15. Jahrhundert untergebracht. Es befindet sich direkt am Canal Grande und die große Außenterrasse lädt dazu ein, von hier aus das turbulente Treiben der Wasserstadt zu beobachten. Rang 2: iQ Hotel Roma, Rom/ Italien
Das Vier Sterne Innenstadthotel befindet sich gegenüber dem Teatro dell´Opera. Von der Lobby-Bar hat man einen einzigartigen Ausblick auf die Oper und über die Dächer Roms. Alle wichtigen Sehenswürdigkeiten der italienischen Hauptstadt sind von hier aus zu Fuß erreichbar. Das iQ Hotel Roma bietet außerdem einen Fitness- und Saunabereich. Platz 1: Cedarbrook Lodge, Seattle (Washington)/ USA
Das 3,5-Sterne-Hotel bietet seinen Gästen einen wahrhaft natürlichen Hotelaufenthalt. Die deckenhohen Fenster sind mit Grünflächen dekoriert und auf dem über 500 Quadratmeter großen Außenbereich ist ein Teich mit Rasenflächen und Holzterrassen angelegt. Das Hotel im westlichen Außenbezirk der Stadt Seattle ist ein idealer Ausgangsort für viele Freizeitaktivitäten. In der Cedarbrook Lodge fährt der hauseigene Shuttle die Gäste zu zahlreichen Sport- und Freizeitangeboten in der Region wie Golf, Kajak oder Gleitschirmfliegen.
Gegen einige der Initiatoren laufen sogar schon Ermittlungen. Der Norweger Harald Løkkevik, der die Yachthafenresidenz in Warnemünde gebaut hat, sitzt seit Ende Mai in Untersuchungshaft. Axel Hilpert, der das Resort Schwielowsee nahe Potsdam errichtet, sitzt ebenfalls hinter Gittern. Beide sollen, so die Staatsanwälte, staatliche Fördermittel erschlichen haben.
Und die finanzierenden Banken sitzen auf haushohen Forderungen. Während die Kreditinstitute die Abschreibungen allerdings verkraften dürften, stehen Privatanleger, die etwas für ihre Vorsorge tun oder einfach in den Wiederaufbau ehemaliger architektonischer Perlen investieren wollten, im Regen. Versprochene Ausschüttungen fallen aus, und sie sollen mitunter noch Kapital nachschießen.
Oft wussten sie nicht einmal, dass die von Banken und Finanzvertrieben verkauften Anteile sie bei den geschlossenen Fonds zu Mitunternehmern machten – mit allen Risiken des Hotelgeschäfts. Sie können ihre Anteile meistens nur unter dem ursprünglichen Preis über die Börse abgeben, Anteile des Berliner „Adlon“ werden dort nur noch zu 20 Prozent des Nominalwerts gehandelt. Einige Anleger gehen nun auf die Barrikaden. Eine „Schutzgemeinschaft der Adlon-Anleger“, in der sich 220 Fondszeichner, darunter auch Großinvestoren wie die Versicherung Signal Iduna, zusammengeschlossen haben, versucht unter der Regie des Berliner Anwalts Thomas Fritsch, Fondschef Anno August Jagdfeld zu stürzen. Der habe es zugelassen, dass Dienstleistungsfirmen, die von Familienmitgliedern geführt werden, die fällige Miete gestundet wurde. Jagdfeld wurden in Sachen „Adlon“ „mafiaartige Strukturen“ und „eine unendliche Abfolge von In-sich-Geschäften mit seiner Familie und seinen Firmen“ unterstellt.
Der Unternehmer konterte in einer monatelangen Schlammschlacht: Anwalt Fritsch gehe es nur um sein üppiges Honorar. Das schienen auch viele der Gesellschafter bei einer Versammlung am vergangenen Freitag so zu sehen. Die Enttäuschten kritisieren aber auch, dass es mehrfach keine Ausschüttungen gab. Jagdfeld hatte schon auf der vergangenen Gesellschafterversammlung empfohlen, darauf zu verzichten, um 2016 eine günstige Umschuldung laufender Kredite für die Immobilie zu erreichen.
Große Konkurrenz für das "Adlon"
Der Hotelbetrieb durch die Kempinski-Gruppe, mit der ein langjähriger Pachtvertrag besteht, hat damit nichts zu tun. Doch auch Kempinski musste in der Krise mit einer geringeren Auslastung kämpfen. Zudem gibt es im Fünf-Sterne-Bereich in der Hauptstadt eine hohe Hoteldichte, die Konkurrenz für das „Adlon“ ist groß. Dabei ist die Fondsgesellschaft nicht etwa pleite. Aktuell gibt es sogar Gewinnrücklagen von 14 Millionen Euro.
Ein vom Verwaltungsrat beauftragtes Gutachten von Deloitte & Touche hatte jedoch Jagdfeld entlastet: Es gebe keine Pflichtverletzungen. „Die gegen mich erhobenen Vorwürfe haben sich nach umfassender Überprüfung als grund- und haltlos herausgestellt“, schrieb Jagdfeld den Anlegern. Mit zwei Stimmen gegen eine empfahl der Verwaltungsrat, gegen die Abwahl zu stimmen.
An die 1100 Stimmrechte soll Anwalt Fritsch hinter sich gebracht haben. Jagdfeld will aber dann etliche Widerrufe eingesammelt haben. Die Mehrzahl der 4400 „Adlon“-Gesellschafter sind einfache Privatanleger, es gibt aber auch betuchte Prominente. Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Jens Graf, der 35 „Adlon“-Anleger vertritt, hält allerdings nicht viel von dem ganzen Getöse.
Er rät enttäuschten Anlegern, die ihre „Adlon“-Anteile über Banken und Sparkassen erworben haben, diese wegen Falschberatung auf Schadenersatz zu verklagen. „Kein Autokäufer käme auf die Idee, noch kurz vor Rückgabe eines Fahrzeugs den Motor gegen ein Exemplar eines anderen Herstellers auszutauschen“, sagt Graf.
Die Schutzgemeinschaft will nämlich statt Jagdfeld eine extra dafür gegründete Hotel Lorenz A. Verwaltungs GmbH als neuen Komplementär installieren. „Herr Fritsch spielt mit Anlegern und Öffentlichkeit Katz und Maus“, kontert Jagdfeld. „Die Mehrheit der ,Adlon‘-Anleger hat dieses Spiel durchschaut, das Anlegergeld und das ,Adlon‘ existenziell gefährdet. Daher bin ich zuversichtlich, dass Herr Fritsch mit seinen Plänen scheitert.“
Ostseebad Heiligendamm droht Insolvenz
Auf der letzten Gesellschafterversammlung bei seiner zweiten finanziellen Großbaustelle, dem Ostseebad Heiligendamm, konnte Jagdfeld noch eine Mehrheit von 74 Prozent der Zeichner für einen Kapitalschnitt von 90 Prozent und weitere Zuschüsse überzeugen. Seinerzeit waren aber nur 250 der 1900 Anleger, die insgesamt 130 Millionen Euro eingezahlt hatten, präsent. Das Nobelresort an der Ostsee litt jahrelang unter schlechten Buchungen und schrieb Verluste. Ein Vertrag mit der Kempinski-Gruppe wurde gekündigt, Jagdfeld übernahm selbst das Management, baut den Komplex weiter aus und lässt die Strandvillen restaurieren. Die Belegungszahlen sehen wieder besser aus, die Erträge steigen. Doch es ist völlig ungewiss, ob die Fondszeichner noch einmal frisches Geld nachschießen und ob sich neue Investoren engagieren. 41 Millionen Euro werden noch für den Ausbau von Heiligendamm benötigt, etwa acht Millionen Euro wurden bisher erst gezeichnet. Gelingt dies nicht, droht die Insolvenz.
„Ich hätte viel lieber zufriedene Anleger“, sagt Jagdfeld. „Ich kann die Kritik verstehen.“ Der 64-jährige Unternehmer, der bislang 800 Projekte verwirklicht hat, hängt an Heiligendamm. Mit dem „Adlon“ und dem Ostseebad wollte er sein Lebenswerk krönen. All die Jahre hatte der charismatische Projektemacher seine Geldgeber überzeugen können.
In Heiligendamm hat Jagdfeld noch Küstenwald dazugekauft und Wanderwege für seine Gäste anlegen lassen. Namhafte Unternehmen haben einige Villen erworben. Jagdfeld kann sich hier auch seinen Ruhesitz vorstellen. Ein baufälliges Gebäude in der Nähe möchte er später einmal für sich und seine Familie sanieren.
Viel schlimmer als den Geldgebern für das „Adlon“ und Heiligendamm geht es den 1900 Fondszeichnern für das Ferienresort Fleesensee in Mecklenburg. Sie werden offenbar von ihren insgesamt eingezahlten 91 Millionen Euro keinen Cent mehr wiedersehen, befürchten Anlegeranwälte. Aufgelegt hat den Fonds der Berliner Immobilienunternehmer David Katz.
Der Fleesensee-Fonds wurde 1999 und 2000 durch den Finanzvertrieb AWD verkauft – mit der Aussicht auf gesicherte Jahresrenditen von fünf Prozent. Doch wie in Heiligendamm ließ sich das gewaltige Resort mit mehreren Hotels und Golfplätzen nur sehr schwer füllen. „Die im Emissionsprospekt enthaltenen Angaben reichen nicht aus, um die prognostizierten Ergebnisse zu überprüfen“, kritisiert Rechtsanwalt Mathias Hufländer von der Bremer Kanzlei KWAG. „Vielmehr erwiesen sich die dargestellten Ergebnisprognosen als Blackbox für den Anleger.“
Die Kredite eines Bankenkonsortiums wurden zu allem Unglück teilweise auf Basis des Schweizer Franken aufgenommen. Seitdem dessen Kurs kräftig gestiegen ist, wird die Rückzahlung immer teurer und bringt die Dachgesellschaft Fleesensee Hotels & Sport in ernste Finanznöte. Die Suche nach neuen Investoren gestaltet sich zudem äußerst schwierig.
Etwa 42 Prozent des eingezahlten Kapitals sollen laut Hufländer für Verwaltungs- und Finanzierungskosten verbraucht worden sein. Ein enorm hoher Betrag und doppelt so hoch wie sonst in der Branche üblich. Auch dieser Fall zeigt: An vielen geschlossenen Immobilienfonds verdienen erst mal die Initiatoren. Wenn dann schlecht gewirtschaftet wird und die Renditen nicht stimmen, zahlen die Anleger die Zeche.
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: wolin-w (29.08.2011)
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