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Meinung | Koalitionskrise: Die FDP hat als Stimme der Vernunft versagt
Die Stimme der Vernunft wollte die FDP bei der fulminanten Energiewende der Bundesregierung sein. So hatten sich die Liberalen vorgenommen, das im Grundgesetz garantierte Recht auf Eigentum zu verteidigen. Dazu zählt auch der Schutz von milliardenschweren Investitionen in die Kernenergie.
Die Stromkonzerne müssten sich darauf verlassen können, sagte die Justizministerin noch am Wochenende, dass die für jeden Meiler vereinbarten Reststrommengen von alten auf moderne Anlagen übertragen werden könnten. Es kam anders. In der Kakofonie der Verhandlungen von CDU, CSU, FDP und den Ministerpräsidenten über das neue Atomgesetz ging die Stimme der Vernunft unter. Vereinbart wurde ein gestaffeltes Abschalten der Meiler bis 2022, das ein Abarbeiten der Reststrommengen unmöglich macht.
Mit Blick auf den von der Kanzlerin als oberstes Ziel ausgegebenen gesellschaftlichen Konsens blieben die Eigentumsrechte der Kraftwerksbetreiber am Wegesrand zurück.
Allein dieses Ergebnis war für die FDP schon eine Niederlage. Die selbst ernannten Gralshüter der politischen Besonnenheit waren zu schwach, ihre Position gegen den schwarz-rot-grünen Mainstream durchzusetzen. Ein Offenbarungseid aber war das Verhalten der Liberalen im Anschluss. Mit insgesamt elf Beschlüssen zur Energiepolitik hat die Bundesregierung den Atomausstieg bis zum Jahr 2022 und weitere Schritte hin zu einer energiepolitischen Wende auf den Weg gebracht. "Welt Online" hat die Beschlüsse zusammengefasst. Atomausstieg
Die nach der Atomkatastrophe von Fukushima zunächst vorläufig abgeschalteten sieben ältesten Akw sollen nicht mehr ans Netz gehen, auch nicht der schon länger abgeschaltete Pannenreaktor Krümmel. Von diesen Atommeilern bislang nicht verbrauchte Reststrommengen können aber auf andere Anlagen übertragen werden. Ein älteres Akw kann die Bundesnetzagentur noch bis Frühjahr 2013 als sogenannte Kaltreserve für Netzengpässe in Bereitschaft halten. Neu ist, dass zusätzlich zur Begrenzung der Restlaufzeiten auch den neun neueren Akw ein festes Datum für den spätesten Abschalttermin zugeordnet wird. Das Akw Grafenrheinfeld soll demnach bis Ende 2015 vom Netz gehen, dann bis Ende 2017 das Akw Gundremmingen B und bis Ende 2019 das Akw Philippsburg 2. Für die Akw Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf ist demnach Ende 2021 spätestens Schluss. Noch bis höchstens Ende 2022 dürfen als letzte Atommeiler die Akw Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 am Netz bleiben. Die Kernbrennstoffsteuer für Akw-Betreiber bleibt erhalten. Atommüll-Endlager
Die Erkundung des Salzstocks Gorleben als möglichem Standort für ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll soll ergebnisoffen fortgesetzt werden. Parallel soll es ein Verfahren zur Ermittlung allgemeiner Eignungskriterien bestimmter Gesteinsformationen und möglicher Alternativen zu Gorleben geben. Erneuerbare Energien
Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung soll wie bisher schon geplant bis 2020 auf mindestens 35 Prozent steigen, bis 2030 auf 50 Prozent, bis 2040 auf 65 Prozent und bis 2050 auf 80 Prozent. Zugleich soll der Stromverbrauch sinken und zwar bis 2020 um zehn Prozent. Die Planungsverfahren für den Ausbau der Stromnetze, um etwa Windstrom von Norddeutschland in den Süden zu transportieren, will die Regierung beschleunigen – vor allem dadurch, dass Kompetenzen stärker beim Bund gebündelt werden. Mitwirkungsrechte der Bürger will die Regierung aber nach eigenen Angaben nicht einschränken. Auch die teureren Erdkabel sollen eine Rolle spielen. Im Rahmen einer Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sollen Offshore-Windparks, Wasserkraft und Geothermie stärker gefördert werden. Wie geplant gekürzt werden dagegen Solarförderung und Mittel für Windkraftanlagen an Land. Ein Gesetzentwurf liegt hierzu aber noch nicht vor. Durch eine Änderung des Baurechts will die Regierung den Ersatz älterer Windanlagen durch neue, leistungsstärkere erleichtern. Konventionelle Kraftwerke
Die derzeit bereits in Bau befindlichen neuen Kohle- und Gaskraftwerke sollen zügig fertiggestellt werden. Zudem hält die Bundesregierung den weiteren Zubau von etwa 10 Gigawatt Kraftwerksleistung für erforderlich, der ebenfalls in erster Linie aus fossilen Quellen kommen soll. Dabei soll es sich allerdings um möglichst effiziente und flexible Kraftwerke handeln. An den nationalen Zielen für die Minderung des CO2-Ausstoßes soll sich nichts ändern. Gebäude
Die Mittel für die energetische Gebäudesanierung werden zunächst für die Jahre 2012 bis 2014 auf jährlich 1,5 Milliarden Euro aufgestockt. Zudem sollen Maßnahmen zur Verringerung des Energieverbrauchs leichter steuerlich absetzbar sein. Damit will die Regierung erreichen, dass jährlich zwei Prozent des Gebäudebestandes saniert werden, um Energie zu sparen und den CO2-Ausstoß zu mindern. Quelle: AFP Enttäuscht vom eigenen Verhandlungsergebnis distanzierte sich der FDP-Generalsekretär vom gerade erst verkündeten Regierungsbeschluss: Wenn die Stromkonzerne nun Klagen anstrengten und damit Erfolg hätten, so Christian Lindner, dann trügen allein Angela Merkel und Horst Seehofer dafür die Verantwortung. Man kann den Kompromiss der Koalition mit Recht für Murks halten.
Und man mag sich auch über das Verhalten der Unionsparteien ärgern, die den Liberalen nicht das Schwarze unter den Nägeln gönnen. Aber sich erst unterbuttern zu lassen und anschließend beleidigt mit dem Fuß aufzustampfen – das ist pubertär und weit von dem Anspruch einer Regierungspartei entfernt.
Ein paar Wochen erst ist es her, dass die FDP ihren Vorsitzenden in den Ruhestand geschickt hat. Einer der Gründe dafür war, dass Guido Westerwelle gegen die Kollegen Merkel und Seehofer zu wenig liberalen Inhalt durchgesetzt hat. „Ab heute wird die FDP liefern“, mit diesem Versprechen trat Nachfolger Philipp Rösler sein Amt an.
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Bei der Energiewende ist er den Nachweis dafür schuldig geblieben. Will die FDP ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, ist es künftig mit rhetorischer Kraftmeierei nicht mehr getan. Die Freidemokraten werden deutlich machen müssen, dass sie notfalls bereit sind, die Koalitionsfrage zu stellen – auch angesichts der Gefahr, dass Angela Merkel sie mit der schwarz-roten Option beantwortet.
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: wolin-w (07.06.2011)
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