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Euro-Krise: Schäuble duldet keine Ausrede bei Griechen-Sparkurs
Kein Wort über eine mögliche Insolvenz Griechenlands, ob „geordnet“ oder nicht. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) droht subtil. „Wir müssen schon darauf achten, dass Griechenland die Vorgaben erfüllt. Das schauen wir uns genau an“, sagte Schäuble zum Abschluss eines informellen Treffens der europäischen Finanzminister und Zentralbankchefs in Breslau.
Der Bericht der Kontrolleure von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) werde feststellen, ob die Auflagen erfüllt wurden. „Substanz hat dabei Vorrang vor dem Zeitplan.“
Keine guten Nachrichten für die griechische Regierung: Das Land kann nach eigenen Angaben noch bis Oktober seine Zahlungsverpflichtungen erfüllen und wartet dringend auf die Freigabe der nächsten Tranche aus dem Hilfsprogramm. Die Zahlungen seien höchst bedeutsam, sagte Finanzminister Evangelos Venizelos: „Jeder weiß, wie sich unsere Reserven entwickeln.“ Der Eurozone droht ein stürmischer Herbst. Die europäischen Regierungen stehen im Bemühen um die Rettung des Euro vor einer Vielzahl von Problemen und Entscheidungen. Die EU-Finanzminister beraten darüber seid Freitag im polnischen Breslau. GRIECHENLAND
Griechenland bleibt das Hauptproblem. Athen hinkt hinter den im Gegenzug für Milliardenhilfen vereinbarten Sparzielen hinterher. Nachdem kürzlich die mit der Überprüfung beauftragten Experten offenbar verärgert abreisten, kündigte die griechische Regierung an, schneller Staatsbesitz zu verkaufen – eine schon lange gestellte Forderung. Kommende Woche nehmen die Experten vermutlich ihre Arbeit in Athen wieder auf. Von ihrer Bewertung hängt ab, ob die nächste Rate des ersten Hilfspakets ausgezahlt wird. Schludert Athen weiter, werden die Rufe nach radikalen Lösungen wie einem Rauswurf aus der Eurozone nicht verstummen. PARLAMENTSBESCHLÜSSE
Da das erste Rettungspaket für Griechenland nicht ausreicht, haben die Euro-Länder weitere Milliardenhilfen beschlossen. Darüber müssen die nationalen Parlamente entscheiden, ebenso wie über eine Aufstockung der Garantien im Rettungsfonds und eine Ausweitung seiner Aufgaben. Europäische Zentralbank und EU-Kommission drängen zur Eile, um die Märkte zu beruhigen und eine Ausweitung der Krise zu vermeiden. In Deutschland, wo das Vorhaben für Unruhe und Streit in der Regierungskoalition sorgt, sind die Abstimmungen Ende September geplant. In der Slowakei soll eine Entscheidung aber erst im Dezember fallen. FINNLANDS FORDERUNG
Ein wichtiger Punkte in dem zweiten Rettungspaket ist noch offen. Finnland hatte mit Griechenland eine Sondervereinbarung geschlossen: Für seinen Beitrag an den Notkrediten soll Helsinki ein Barpfand erhalten. Das verärgerte andere Euro-Länder, eine Lösung sollen nun die EU-Finanzminister in Breslau finden. Belgien schlägt vor, dass Finnland ein Pfand erhält, dafür aber eine geringere Rendite auf seine Kredite. ITALIEN
Der stürmische Herbst würde sich für den Euro zur Hurrikan-Saison ausweiten, wenn alien vom Wackelkandidaten zum Problemfall wird. Das Land ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone, ein Rettungseinsatz könnte die Kräfte der Europäer übersteigen. Ein Milliarden-Sparprogramm und eine Schuldenbremse sollen nun für Ruhe sorgen – beides muss aber auch konsequent umgesetzt werden. EURO-BONDS
Italien gehört zu den Ländern, die sich für die Einführung von Euro-Bonds aussprechen, also Staatsanleihen aller Euro-Staaten. Dabei werden Schulden gemeinsam aufgenommen. Verlässliche Schuldner wie Deutschland müssten dann wohl höhere Zinsen als bisher zahlen, andere Staaten wie Italien weniger. Die Diskussion dürfte im Herbst neu angefacht werden, wenn die EU-Kommission eine Machbarkeitsstudie mit Argumenten für und wider solche Euro-Anleihen vorstellt. WIRTSCHAFTSREGIERUNG
Deutschland und Frankreich streben eine gemeinsame Wirtschaftsregierung der Eurozone an. Das würde eine enge Verzahnung der Finanz- und Sozialpolitik in den 17 Euro-Ländern bedeuten. Eine Änderung der EU-Verträge sowie eine auch institutionelle Abgrenzung der Eurogruppe von der EU der 27 Mitgliedsländer wären wohl die Folge. Die EU-Kommission sieht das kritisch. Wichtiger sei es, dass EU-Länder und Europaparlament sich nun endlich auf eine Verschärfung des Stabilitätspaktes einigten, um Schuldenkrisen zu vermeiden. Hier sollen die Verhandlungen kommende Woche in die entscheidende Phase gehen. BANKEN UND BÖRSEN
Bestimmt wird der Herbst auch von Sorgen um eine Rezession und eine neue Weltfinanzkrise. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt vor unzureichenden Kapitalrücklagen der europäischen Banken, die Staatshilfe nötig machen könnten. Auch Kursstürze an den hochnervösen Börsen können jederzeit neue Schwierigkeiten auslösen. Besonders die Aktien französischer Banken verloren zuletzt an Wert, weil sie viele griechische Staatsanleihen besitzen. Quelle: AFP
Die nächsten acht Milliarden Euro – die sechste Tranche aus einem Paket von 110 Milliarden Euro – gibt es aber erst nach dem Bericht der so genannten Troika. Die Reise der Delegationschefs von EU, EZB und IWF aber wurde erneut verschoben, es soll nun am heutigen Montag lediglich eine Telefonkonferenz mit Venizelos geben.
Das Treffen war eine Warnung an Griechenland, eine weitere Alimentierung vonseiten der Partner nicht für selbstverständlich zu halten. Und sie kam auch ohne Pleite-Rhetorik an: Die Finanzminister hätten deutlich gemacht, dass sie keine Versprechungen mehr hören wollten, hieß es aus der griechischen Delegation. Man werde nur noch klare, vom Parlament gebilligte und sofort haushaltswirksame Maßnahmen zur Kenntnis nehmen – sonst werde kein mehr Geld überwiesen.
Papandreou bricht USA-Reise ab
Diese Schlüsse aus dem Treffen in Breslau erreichten den griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou am Samstag auf dem Weg nach London, von wo aus er in die USA weiterfliegen wollte. Er entschloss sich, nach Griechenland zurückkehren – weil die kommende Woche „für die Initiativen, die Griechenland in Angriff nehmen muss, von entscheidender Bedeutung“ seien, wie sein Büro mitteilte.
In Angriff nehmen hätte Griechenland die Maßnahmen längst müssen. Aber beim Abbau der Staatsausgaben, bei der Liberalisierung bislang abgeschotteter Berufszweige, beim Erschließen neuer Einnahmen gab es zu wenige Fortschritte – deswegen hatte die Troika ihre Mission vor zwei Wochen unterbrochen. Die Beispiele Irland und Portugal zeigten, dass die Hilfe für hoch verschuldete Länder greife, sagte Schäuble – und verband damit wieder eine Warnung: In Griechenland sei das noch nicht der Fall. Eine der in der vergangenen Woche von der Regierung in Athen beschlossenen Möglichkeiten, schnell Geld in die Kasse zu bekommen, fand allerdings das Lob des deutschen Finanzministers: Eine Immobilien-Sondersteuer soll über die Stromrechnung eingetrieben werden und schon in diesem Jahr den Haushalt entlasten. Bis 2012 soll sie vier Milliarden Euro bringen. Da sei originell, befand Schäuble, aber nicht nachahmenswert: Die deutschen Energieversorger hätten mit der Energiewende derzeit genug zu tun.
Mit ihrem Plan, eine europaweite Abgabe auf Finanztransaktionen – darunter also alle Börsenumsätze – einzuführen, stoßen Schäuble und sein französischer Kollege François Baroin auf Widerstand in Europa. Die Verfechter der Steuer wollen damit zweifach auf die Krise im Euro-Raum reagieren: Es gehe ihm nicht nur darum, zusätzliche Mittel für die teuren Rettungsaktionen einzutreiben, sagte Schäuble. „Es ist auch ein Instrument, um diesen irrationalen Übertreibungen der Finanzmärkte durch Elemente der Entschleunigung ein ganzes Stück weit entgegenzuwirken“.
Widerstand gegen die Finanzmarktsteuer
Das sehen durchaus nicht alle Länder so. Polens Finanzminister Jacek Rostowski, der im Rat derzeit den Vorsitz führt und die Positionen der Mitgliedstaaten zusammenführen soll, sprach von „erheblichen Spaltungen“ in dieser Frage. Auch er selbst meldete Zweifel daran an, ob es dienlich sei, wenn „Finanzaktivitäten ausgelagert würden, zum Beispiel in die Schweiz“.
Eine Abwanderung fürchtet insbesondere Großbritannien. Eine Steuer auf jedes Marktgeschäft könnte die Attraktivität Londons für Banken, Handelshäuser und Investoren weiter schmälern. Auch Schweden und Italien wehren sich. „Es gibt keine einheitliche Position“, sagte Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Die Kommission werde dennoch einen Entwurf vorlegen. Zwar will Schäuble die Maximalforderung einer EU-weiten Regelung durchsetzen, sagte aber einem Interview mit der „Bild am Sonntag“, die Abgabe könne „notfalls auch nur in der Euro-Zone“ beschlossen werden. Damit begibt er sich auf die Position der Realisten, schwächt aber seine Verhandlungsposition. Belgiens Ressortchef Didier Reynders gab die Losung vor: „Wir werden das in der EU machen. Oder, wenn es in der gesamten Union nicht möglich ist, in der Eurozone.“
Schon eine europaweite Abgabe wäre allerdings ein Abstrich gegenüber Schäubles Plänen. Er will die Steuer „möglichst im globalen Rahmen“ einführen. Dass es dazu nicht kommt, machte US-Finanzminister Tim Geithner, der zur europäischen Runde in Breslau geladen war, deutlich. Eine Finanzmarktsteuer lehnte er ab – brüsk und, so erinnerte sich eine Teilnehmerin, „strikt weg“.
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: wolin-w (18.09.2011)
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